Da wir dieses Jahr wieder mehr Zeit in unser Erwerbsleben investieren, bleibt uns nur noch eine Gelegenheit, das Boot in sein geplantes Winterlager in Vigo zu bringen. Wir nutzen dies für einen gemütlichen Törn in die Rias Baixas an der Westküste Galiziens. Dieses Mal haben wir Verstärkung an Bord: Stefan und Claudia sind ebenfalls neugierig auf dieses ungewöhnliche Segelrevier und wir wollen natürlich gern zeigen, was seit 2015 aus Entropy geworden ist.
An der Cueste de la Muerte entlang um das Cabo de Finisterre
Nach einigen Vorbereitungen (Schiff schrubben, Einkaufen, Wassertanks desinfizieren, endlich mal Postkarten schreiben!) verabschieden wir uns mit einem weinenden Auge aus A Coruña, das uns schon ein wenig zur zweiten Heimat geworden ist. Wie bereits erwähnt, haben wir uns hier sehr wohl gefühlt und finden die Marina und ihre Lage in der Nähe der Altstadt sehr nett.
Aber es hilft nichts - Vigo wartet auf uns und zuvor müssen wir die „Costa de la Muerte“ hinter uns bringen. Also machen wir nach der Ankunft der Crew noch einen Rundgang durch die Stadt, gehen lecker essen und werfen dann am nächsten Mittag die Leinen los Richtung Kap Finsterre. Wir planen, einen Nachtschlag um die Nordwestecke der iberischen Halbinsel zu machen und morgens beim ersten Tageslicht einen passenden Ankerplatz anzulaufen.
Die Wettervorhersage hat sich die Tage vorher von „Wind bis 30 kn“ immerhin auf „maximal 25 kn“ zu unseren Gunsten geändert, so dass die einzige Herausforderung in dem ziemlich ungünstigen Wellengang von querab liegt. So schaukeln wir mehr oder weniger gemütlich mit moderatem Wind von achtern durch die Nacht und erreichen morgens das Kap. Leider bleibt uns der romantische Sonnenaufgang auf See verwehrt - der Wind schläft ein, dichter Nebel kommt auf und wir freuen uns mal wieder über unser Radar. Am Ankerplatz angekommen kämpft sich die Sonne aber schon wieder hervor und ein gutes Frühstück und ein paar Stunden Schlaf bringen alle wieder in Urlaubsstimmung.
Camariñas und Muros in der Ria de Muros
Die nächste Erkenntnis ist, dass nicht alles, was einen Strand hat, auch zum Baden einlädt. Das Wasser ist herrlich sauber, es ist ruhig und idyllisch am Ankerplatz, die Sonne scheint - aber 15 Grad Wassertemperatur halten zumindest den Skipper davon ab, von seinem Schiff zu hopsen. Die Crew kennt da weniger Skrupel, immerhin wird man in Rekordtempo sehr wach und wer schnell ist, holt sich auch keine Erfrierungen dabei!
Ria de Arousa
Nachdem wir den größten und ungemütlichsten Teil der Strecke bereits am Anfang hinter uns gebracht haben, können wir uns ganz gemütlich in den Rias Baixas herumtreiben und suchen uns die Ankerplätze „al gusto“ aus. Anders als im Mittelmeer besteht die größte Konkurrenz um die schönsten Plätze in den Buchten jedoch nicht aus anderen Booten, sondern aus einer Unmenge an Muschelfarmen. Eine solche Muschelfarm besteht aus einer Art Holzfloß, das am Grund verankert ist und zwischen den Planken Platz bietet für Muschelkörbe, die im Wasser hängen. Schnell lernen wir aus Anschauung, dass man problemlos zwischen den Farmen hindurch fahren kann, sofern man den lebhaften Verkehr kleiner Fischerboote im Blick hat. Trotzdem sehen die Dinger nicht besonders schön aus und stinken zum Himmel - sehr zum Leidwesen an Bord befindlicher Fischverächter(innen)!
Auch dieses Mal kann Galizien mit abwechselungsreicher Navigation aufwarten: als wir die Ria de Arousa in Richtung Isla Ons verlassen wollen, kommt dichter Nebel auf. Diesmal allerdings mit etwas Wind, was ein gemütliches am-Wind-Segeln erlaubt. Die Kombi aus Radar und hinreichend großer Crew gibt uns die Möglichkeit, anderem Schiffsverkehr mittels ständigem Kreuzens schnell aus dem Weg zu kommen. Nach dem guten Beispiel eines deutschen Seglers (danke, Willy!) testen auch wir mal unsere Nebeltröte, was die Crew den Ernst der Lage schnell wieder vergessen läßt… nur so viel: auch ein gleichmäßiger Ton aus einer Plastiktröte will geübt werden!
Islas Cies und Ria de Vigo
Die wunderschönen Islas Cies erreichen wir nach ein paar gemütlichen Stunden unter Parasailor. Es gibt sehr schöne Ankerplätze, aber man wird schnell daran erinnert, welchen Schutz und Windabdeckung die Rias bilden. Draußen vor der Insel bläst es mit 22 kn über den Ankerplatz, was nur einige Hartgesottene dazu bringt, dort zu übernachten. Wir stören uns nicht groß daran, immerhin haben wir kaum Schwell und gegen den pfeifenden Wind können sich 75 Prozent der Crew nachts etwas in die Ohren stecken. Nur der Skipper darf für die elektronische Ankerwache seine Lauscher offen halten (obwohl die Schiffsfrau diesen ganz speziellen Warnton auch durch einen Zentimeter Schaumstoff im Tiefschlaf wahrnimmt - Pavlov läßt grüßen!). Anderntags gönnen wir uns einen entspannten Spaziergang zum Leuchtturm der Hauptinsel. Diese ist zwar aufgrund der Hauptsaison und der Nähe zur Großstadt Vigo doch recht gut besucht, aber man steht sich trotzdem nicht auf den Füßen herum die die Aussichten sind es allemal wert.
Vigo
Leider muss jedoch auch dieser Törn sein Ende finden und so laufen wir Anfang September in der Marina Davila in Vigo (Bouzas) ein. Die Marina liegt etwas außerhalb im Werftviertel von Vigo, daher muss man mit etwas industriellem Charme leben. Die Mitarbeiter sind jedoch sehr freundlich und hilfsbereit und die Facilities gut, so dass wir uns darauf einstellen. Vigo ist der größte Fischereihafen Spaniens und hatte früher eine bedeutende Werftindustrie. Dementsprechend ist hier alles auf diese Wirtschaftszweige ausgerichtet. Trotzdem hat auch Vigo eine Altstadt und eine schöne Flaniermeile in der Innenstadt.
Und damit endet für uns jetzt auch schon wieder diese kurze Segel-Saison. Wir müssen wieder arbeiten gehen, und Entropy kommt bis zur nächsten Saison aufs Trockendock.